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Neue Methoden für die Außenlicht-Funktionsabsicherung

Licht ins Dunkel bringen mit szenariobasiertem und Keyword-Driven Testing: Ein vom Fahrzeug auf die Straße projizierter Fußgängerüberweg als Leuchtsignal für Passanten – nur ein Zukunftsszenario, das durch autonomes Fahren Realität werden könnte. Denn gerade damit geht ein nochmaliger Bedeutungsgewinn von Außenlicht-Funktionen von Fahrzeugen einher. Im Umkehrschluss heißt das jedoch auch: Außenlicht-Funktionen sind hochvernetzt und sehr komplex, wodurch sich auch ihre Absicherung immer herausfordernder gestaltet. Die ASAP Gruppe, Entwicklungspartner der Automobilindustrie, nutzt deshalb szenariobasiertes und Keyword-Driven Testing. In Kombination ermöglichen die Methoden eine größere Vielfalt an Testfällen als herkömmliche Absicherungsmethoden und sorgen gleichzeitig für eine Zeit- und Kostenreduktion in der Entwicklung.

Fahrzeug im Dunkeln

Fahrzeuge können nach Kundenwunsch individualisiert werden – so auch zum Beispiel hinsichtlich Außenlicht-Funktionen. Doch was auf Kundenseite mit individuellen Akzenten am eigenen Fahrzeug erfreut, bringt große Herausforderungen für die Entwicklung und Absicherung mit sich. Denn mit der Vielzahl an individualisierbaren Funktionen steigt auch die Menge an benötigter Software, weshalb Außenlicht-Funktionen immer vernetzter und dadurch auch komplexer werden. Gerade mit Blick auf das Autonome Fahren erfährt es einen enormen Bedeutungsgewinn und muss zudem eine eindeutige Kommunikation nach außen sowie die Sicherheit für den Fahrer und andere Verkehrsteilnehmer gewährleisten. Die ASAP Gruppe übernimmt deshalb für ihre Kunden die Absicherung von Außenlicht-Funktionen und bringt dabei szenariobasiertes und Keyword-Driven Testing zur Anwendung.

Evolution von Außenlicht-Funktionen

Abblendlicht, Fernlicht, Rücklicht oder Blinker – noch bis kurz vor den 2000er Jahren umfasste das Standard-Außenlicht von Fahrzeugen nur rund fünf bis sechs Funktionen. In modernen Fahrzeugen hingegen zählen allein um die sechzehn Oberfunktionen mit jeweils zahlreichen Unterfunktionen zur Kategorie Außenlicht. Adaptives Frontlichtsystem, Annäherungserkennung, Fernlichtassistent oder Kommunikationslicht sind dabei nur einige Schlagwörter. Ermöglicht wurde die Vielzahl neuer Funktionen zunächst durch den Einsatz von LED-Technik, welche die vorangehende Xenon-Technik mittlerweile vollständig abgelöst hat. Heute geht die Entwicklung Richtung Digitalisierung von LED-Licht – künftig soll die digitale Matrix-LED-Technik mit Mikrospiegelsystemen zum neuen Standard werden. Der große Vorteil hiervon: Die LEDs können getrennt voneinander aktiviert beziehungsweise deaktiviert werden, wodurch Licht punktuell eingesetzt werden kann [2]. Neue Funktionen wie etwa das Spurlicht, das auf der Autobahn den eigenen Fahrstreifen für den Fahrer exakt ausleuchtet und auf Spurwechsel dynamisch reagiert, sorgen für zusätzliche Sicherheit im Straßenverkehr [1]. Darüber hinaus kann zum Beispiel die Heckleuchte als Darstellungsfläche für die Kommunikation mit nachfolgenden Fahrzeugen genutzt werden, um vor möglichen Gefahren wie einem Stauende zu warnen. Durch die Möglichkeit für Personalisierungen lassen sich zudem individuelle Lichtsignaturen einstellen. Der Gestaltungsspielraum für den sinnvollen Einsatz von Außenlicht ist groß und zahlreiche weitere Funktionen werden künftig realisiert.
 

Herausforderungen für die Absicherung

Mit den neuen Außenlicht-Funktionen, insbesondere den sicherheitsrelevanten für autonomes Fahren Level 2 und 3, gehen jedoch auch zahlreiche Herausforderungen für die Absicherung einher. Neben verschiedenen landesspezifischen Richtlinien für Außenlicht, die es zwingend einzuhalten gilt, ergibt sich insbesondere folgende Schwierigkeit: Die neuen Funktionen sind stark vernetzt, da das Steuergerät auf Daten zahlreicher Quellen zurückgreifen muss. Hierzu zählen unter anderem Navigationsdaten für Informationen zur Streckenführung, Regen- und Licht-Sensoren, Radar und Kameras sowie Beschleunigungswerte. Entsprechend all dieser Informationen muss das Lichtbild vom Fahrzeug automatisch angepasst werden.

Da viele Quellen das Lichtbild beeinflussen, sind die Informationsdichte an Eingangssignalen sehr hoch und die abzusichernden Wirkketten sehr komplex. Neben der optischen Bewertung (homogenes Lichtbild, Übergänge bei Licht-Aktivierung und -Deaktivierung etc.) ist deshalb auch die signalbasierte Funktionsabsicherung ein Schwerpunkt von ASAP. Dabei ist eine vollständige Spezifizierung zur Absicherung jedoch nicht möglich, da es unendlich viele Situationen gibt, in denen unter anderem statische und dynamische Objekte einwandfrei erkannt werden und durch Sensordatenfusion ein schlüssiges Gesamtbild für das Licht-Steuergerät ergeben müssen. Eine Auswahl an variablen Parametern, die trotzdem zu einer fehlerfreien Erkennung von beispielsweise einem vorausfahrenden Fahrzeug führen und dann eine Anpassung von Außenlicht-Funktionen auslösen müssen: Größe und Geschwindigkeit des Fahrzeugs, Winkel zwischen eigenem Auto und Objekt, Lichtverhältnisse, Wetter, Straßenbelag sowie Objekte wie Bäume und Schilder. All diese Parameter in sämtlichen Kombinationen zu evaluieren ist schlicht unmöglich. Klassische Testing-Ansätze allein führen hier nicht ans Ziel. Es gilt, eine virtuelle Testumgebung für den Einsatz am Prüfstand so aufzusetzen, dass möglichst vollständig alle Variablen darüber abgesichert werden können.
 

Überprüfung dynamischer Abläufe durch szenariobasiertes Testing

Die ASAP Gruppe hat deshalb szenariobasiertes Testing für den Einsatz in der Absicherung von Außenlicht-Funktionen adaptiert. Unter Berücksichtigung des PEGASUS-Projekts sorgt ASAP dadurch für eine effektive und effiziente Testdurchführung bei gleichzeitiger Beachtung des Risikoaspekts: Das von OEMs und zahlreichen weiteren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft betriebene Forschungsprojekt PEGASUS hat sich zum Ziel gesetzt, „generell akzeptierte Gütekriterien, Werkzeuge und Methoden sowie Szenarien und Situationen zur Freigabe hochautomatisierter Fahrfunktionen“ [3] zu etablieren und das autonome Fahren so schneller zu realisieren.

Die Adaption des szenariobasierten Testings für die Absicherung von Außenlicht-Funktionen hat ASAP an die Forschungsergebnisse des PEGASUS-Projekts angelehnt – und so die Komplexität in der Absicherung, die aus der nahezu unendlichen Anzahl an möglichen Testfällen resultiert, verringert. Anders als beim anforderungsbasierten Testen, das ASAP parallel für statische, punktuelle Überprüfungen nutzt, lassen sich mit szenariobasiertem Testing auch dynamische Abläufe überprüfen – beispielsweise Geschwindigkeitswechsel oder verschiedenste Verkehrssituationen mit variablem Umfeld (Verkehrsteilnehmer) und unterschiedlichsten Umweltbedingungen.

Die für das Testdesign zuständigen Experten bei ASAP sorgen hierfür sowohl für die Spezifizierung der benötigten Szenarien als auch Testfälle. Dabei legen sie bei der Szenarien-Spezifizierung zunächst alle statischen und dynamischen Objekte fest, die Teil eines Szenarios, wie beispielsweise eine Fahrt bei Nacht mit vorausfahrenden und entgegenkommenden Fahrzeugen, sein sollen. Die Beschreibung umfasst dabei detaillierte Informationen über sämtliche Umfelddaten. Hierzu zählen beispielsweise alle möglichen Abstände und Geschwindigkeiten eines vorausfahrenden Fahrzeugs. Es wird also beschrieben, wie ein Szenario grundsätzlich ablaufen soll. Bei der Spezifizierung von Testfällen liegt das Abstraktionsniveau hingegen deutlich niedriger – hier werden Testläufe mit konkreten Werten aller am Testfall beteiligten Objekte so festgeschrieben, dass damit anschließend beispielsweise der als Szenario beschriebene Überholvorgang korrekt ausgeführt werden kann. Mit den so definierten Fahrszenarien sowie Testabläufen inklusive der erwarteten Ergebnisse (Testfälle) übernimmt ASAP dann die Absicherung der Datenübertragung vom Steuergerät zur Lichtquelle sowie deren Kommunikation. Diese für die Absicherung von Außenlicht-Funktionen neue Art der Absicherung bietet zahlreiche Vorteile: So ermöglicht sie eine weitaus größere Vielfalt an Testfällen als herkömmliche Absicherungsmethoden und reduziert zudem den Aufwand bei notwendigen Änderungen.
 

Keyword-Driven Testing zur automatisierten Erstellung von Testfällen

Während das szenariobasierte Testing für eine erhebliche Erleichterung bei der Testdurchführung sorgt, ergibt sich durch die große Anzahl an unterschiedlichen Szenarien wiederum eine erhöhte Komplexität für die Testautomation. Mehrere tausend Testfälle gilt es durch Testautomatisierung so abzubilden, dass sie gänzlich automatisiert ablaufen können. Hierfür müssen zunächst die Testfall- und Fahrszenarien-Beschreibungen jeweils automatisiert in den entsprechenden Tools implementiert werden. Zudem ist es Aufgabe der Testautomatisierung, die gesamte Toolchain – etwa acht verschiedene Tools sind neben dem Licht-Steuergerät sowie dem High Performance-Steuergerät, bei der Absicherung von Außenlicht-Funktionen im Einsatz – zusammenzuführen und dafür zu sorgen, dass alle Tools automatisch und unterbrechungsfrei ineinandergreifen. So werden durch die Testautomatisierung beispielsweise zu Beginn eines Testlaufs alle beteiligten Tools automatisch gestartet, darunter zum Beispiel auch ein Tool zum automatisierten Abgleich von Ist- und Soll-Werten der PWM-Signale (Pulsweitenmodulation) zur Lichtansteuerung zum richtigen Zeitpunkt. Für eine schnellere Implementierung der Testfälle und um den Aufwand in der Testautomation zu reduzieren, kombiniert ASAP für die Absicherung von Außenlicht-Funktionen das szenariobasierte Testing mit dem Einsatz von Keyword-Driven Testing: Bei dieser nach ISO 29119-5 zertifizierten Form der Testfallbeschreibung werden einzelne Testschritte sowohl menschen- als auch maschinenlesbar in einer Datenbank hinterlegt. Für jeden definierten Testschritt – die sogenannten Keywords – schreibt ASAP deshalb zunächst ein entsprechendes Skript, sodass dieser automatisiert ausgeführt werden kann. Unter einem Testschritt versteht man beispielsweise den Befehl, eine bestimmte Funktion anzusteuern, wie zum Beispiel das Aktivieren eines Blinkers. Alle final definierten Keywords (Testschritte) sind universell einsetzbar und lassen sich in der Datenbank parametrieren – sollen sich beispielsweise die PWM-Signale zur Ansteuerung einer Lichtquelle verändern, kann dies hinterlegt werden.

Somit entstehen wiederverwendbare Testschritte, die nur noch mit unterschiedlichen Eingabewerten parametriert werden müssen. Das Einlesen der Testschritte zur Erstellung eines Testfalls erfolgt schließlich automatisiert. Das Ergebnis: Eine Teilautomatisierung der Testautomatisierung, die bei der enormen Anzahl an benötigten Testfällen für die Absicherung von Außenlicht-Funktionen eine große Zeitersparnis darstellt. Ein weiterer Vorteil des Keyword-Driven Testings liegt darin, dass bei Änderungen lediglich einmal zentral in der Datenbank das entsprechende Keyword angepasst werden muss und die Änderungen anschließend automatisch in allen Testfällen übernommen werden. Weitere große Vorteile ergeben sich zudem dadurch, dass alle Testschritte sowohl menschen- als auch maschinenlesbar in der Datenbank hinterlegt sind: Zum einen lassen sich so reale Testfahrten durch die dabei dokumentierten Daten reproduzieren und damit beliebig oft virtuell wiederholen, bis das erwünschte Ergebnis bei der Absicherung festgestellt wird. Zum anderen lassen sich virtuelle Testläufe dadurch auch bei realen Testfahrten überprüfen, da ein Testfall nicht nur als Skript, sondern auch menschenlesbar für den Testfahrer verfügbar ist. Mit seinem neuen Ansatz – einer Kombination aus szenariobasiertem und Keyword-Driven Testing – sorgt ASAP demnach für einen reduzierten Aufwand bei der Testvorbereitung wie auch -durchführung und so schlussendlich für eine zeit- und kostensparende sowie umfassende Absicherung von Außenlicht-Funktionen.